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Das Heimat- und Hugenottenmuseum Friedrichstal

Das Heimat- und Hugenottenmuseum Friedrichstal im ehemaligen Schulhaus (1873 erbaut) widmet sich schwerpunktmäßig der Geschichte der Hugenotten, welche 1699 die Gemeinde Friedrichstal gründeten. Dazu wird neben ortstypischen Handwerken der von den französischen Glaubensflüchtlingen eingeführte Tabakanbau dokumentiert. Außer der „Alt- Friedrichstaler“ Wohnung ist auch ein historisches Klassenzimmer zu sehen.

Die Räume im Hugenottenmuseum Friedrichstal

Saal der Picardie

Im Saal der Picardie wird mit Texten, Bildern, Karten und Zeitleisten die Vorgeschichte und Entwicklung der Reformation in Frankreich dargestellt: Katharer, Waldenser, Calvin und weitere Reformatoren wie z. B. Zwingli.

Zahlreiche Exponate im Hugenottenmuseum Friedrichstal stammen aus der Picardie, der Heimat des ersten Bürgermeisters der Gemeinde, Jacques de Gorenflo wie auch dessen Heiratsurkunde (Amiens 1671). Mit der Gemeinde Saint Riquier in der Picardie besteht seit drei Jahrzehnten eine enge Partnerschaft.

Auch die Wallonen finden Erwähnung, besonders da eine aus dem heutigen Belgien stammende Familie- Herlan- zu den Ortsgründern gehörte.

Historischer Webstuhl
Historischer Webstuhl

Ein Webstuhl und verschiedene Geräte zur Bearbeitung von Wolle, Hanf und Leinen weisen auf einige von den Neusiedlern ausgeübte Tätigkeiten hin.

Hugenottensaal

Im Hugenottensaal wird die Geschichte der Hugenotten mit den Schwerpunkten Batholomäusnacht, Edikt von Nantes, Widerrufung dessen, Verfolgung, Kirche in der Wüste, Cevennenkriege und Flucht in die Nachbarländer- bis nach Südafrika- aufgezeigt.

Historischer Planwagen
Historischer Planwagen

Ein Blickfang im Hugenottenmuseum Friedrichstal ist der alte Planwagen aus der Picardie, wie er auch auf bildlichen Darstellungen zur Flucht der Hugenotten zu finden ist. Eine Ergänzung dazu bildet ein Modell der-für Hugenottensiedlungen typischen- Dorfanlage um 1700. In großen Vitrinen sind neben Bibeln und Exponaten zur Ortsgeschichte auch die „Hugenottentracht“ und weitere alte Kleidungsstücke zu sehen.

Saal des Handwerks

Der Saal des Handwerks veranschaulicht den Anbau und die Verarbeitung des Tabaks vom Samen bis zur Zigarre (z. B. Firma La Croix), der in Friedrichstal erstmals in der Region angebaut wurde und den Neusiedlern ein gutes Auskommen bescherte. Modelle der ehemaligen Lokalbahn, Schmied, Schreiner Schuster und ein kleiner Hutsalon sind ebenfalls in diesem Raum zu finden.

Gesamtansicht - Der schmale Holzkoffer ist innen mit Samt ausgeschlagen und mit elf Zigarren-Schaupackungen der Firma de la Crox Cigarren aus Friedrichstal versehen. Innen ist der Deckel mit blauer Kunstseide bespannt und zeigt eine ovale Kartusche mit der Aufschrift "ORIGINAL DE LACROIX sprich: lakroa CIGARREN", darunter "de la Croix Cigarrenfabrik Friedrichstal Baden gegr. 1885". Mit Schaukoffern wie diesem priesen Vertreter der im badischen Friedrichstal ans‰ssigen Zigarrenfabrik De la Croix ihre Ware bei potentiellen K‰ufern im Einzelhandel und Gastgewerbe an. F¸r das badische Dorf Friedrichstal dokumentiert der Musterkoffer die Zeit der Tabakindustrie im 19. Jahrhundert, in der Baden neben Preuflen das grˆflte Tabakanbaugebiet Deutschlands darstellte. Die in der Markgrafschaft Baden-Durlach und dem Bistum Speyer aufgenommenen Hugenotten hatten hatten Tabaksamen und Kenntnisse ¸ber den Tabakanbau aus Frankreich und ihrem zeitweiligen Aufenthalt in der Pfalz mitgebracht und schufen damit die Voraussetzung f¸r die weitere Verbreitung des Anbaus in Deutschland. Eine von ihnen gez¸chtete Tabaksorte wurde nach der neuen Heimat "Friedrichstaler" genannt.
Zigarrenkoffer der Firma Lacroix

Neuer Saal

Ein Modell des ersten Kirchleins und eine Calvin- Bibel mit eingehefteten eng beschriebenen Blättern und Anmerkungen im Neuen Saal sowie Vitrinen zu den Themen Mineralien, Römerstraße, Weltkriege, Post und Münzen vervollständigen die Ausstellung im Hugenottenmuseum Friedrichstal.

Ehemalige Lehrerwohnung

Im Erdgeschoss, in der ehemaligen Lehrerwohnung, sind Räume zur Zeit der Jahrhundertwende eingerichtet: Küche, Waschküche, Schlafzimmer, Wohnzimmer und ein historisches Klassenzimmer.

Das Heimatmuseum Friedrichstal - Wohnzimmer in der ehemaligen Lehrerwohnung
Wohnzimmer – Lehrerwohnung
Das Heimatmuseum Friedrichstal - Schlafzimmer in der ehemaligen Lehrerwohnung
Schlafzimmer – Lehrerwohnung
Das Heimatmuseum Friedrichstal - Waschküche in der ehemaligen Lehrerwohnung
Waschküche – Lehrerwohnung
Das Heimatmuseum Friedrichstal - Küche in der ehemaligen Lehrerwohnung
Küche (2) – Lehrerwohnung

Kochkisten aus Friedrichstal in Frankfurter Museum

Kochkunst und Esskultur sind seit Beginn der Menschheit untrennbar mit sämtlichen Bereichen unseres sozialen Lebens verbunden. Der Verein „Deutsche Tafelkultur“ greift dieses faszinierende Thema auf und hat in Frankfurt ein „Museum für Kochkunst und Tafelkultur“ eröffnet, das mit zahlreichen Sammlungsobjekten und Leihgaben – unter anderem die Friedrichstaler Kochkisten – einen Einblick in diese Materie vermittelt.

Kochkisten – Sparsam kochen

Das Themenfeld „Sparsam kochen“ zeigt Erfindungen rund ums Kochen, um Zeit, Energie und Geld zu sparen. Die beiden, für einige Monate an das neue Museum ausgeliehenen, Kochkisten aus Friedrichstaler Bestand können dies bestens veranschaulichen.

Sie bestehen aus einer hölzernen Kiste mit Deckel. Innen sind sie mit isolierendem Material (Stroh, Holzwolle oder Rosshaar) in textiler Umhüllung ausgekleidet. Eine oder zwei Aussparungen in der Mitte bieten passgenau Platz für einen Topf mit Deckel. Das kleinere Exemplar wird in der, leider nur in Fragmenten erhaltenen, aufgeklebten Gebrauchsanweisung als „Kriegskochkiste“ beschrieben.

Sie wurde im 1. Weltkrieg genutzt und war in Zeiten des Mangels an Brennstoffen eine sinnvolle Ergänzung der Haus- und Feldküche, da Lebensmittel wie Getreide, Suppen und Kartoffeln nur kurz aufgekocht werden mussten und dann in der Kochkiste ohne weitere Energiezufuhr fertig garen konnten.

Erste industriell gefertigte Kochkisten waren ab ca. 1909 im Handel. Das Foto zeigt eine solche, die von dem 1. Vorstand des Museumsvereins Erich Borell an den Betreuer der Sammlung des Frankfurter Museums, Mikael Horstmann, übergeben wird.

Landwirtschaft in Friedrichstal – Tabakanbau

Der von den Hugenotten in der Region eingeführte Tabak war bis in die neuere Zeit eine der wichtigsten Einnahmequellen in Friedrichstal. Tabakanbau, Handel und Verarbeitung dieser Kulturpflanze machten den Ort in ganz Deutschland bekannt. Die Firma LaCroix z. B. stellte hochwertige Zigarren her. Zahlreiche Exponate zu diesem Thema finden sich im Museum.

Herkunft des Tabaks

Die Tabakpflanze gehört in die Familie der Nachtschattengewächse, wie auch die Kartoffel oder die Tomate. Einige von ihnen enthalten Gifte (Alkaloide), wobei der Tabak hauptsächlich Nikotin enthält.

Kolumbus brachte den Tabak nach Europa, wobei dieser dort anfangs hauptsächlich als Heilkraut angebaut wurde.Bereits der französische Gesandte in Lissabon, Jean Nicot, verschaffte der Tabakpflanze 1530, eine große Bedeutung, indem er der Königin Katharina von Medici (siehe „Bartholomäusnacht“) Tabakpulver zur Heilung der Migräne ihres Sohnes sandte. Zum Dank wurde der Tabak nun als Nicotian bezeichnet.

Tabakanbau in Friedrichstal

Um 1650 siedelte der „Große Kurfürst“ Friedrich Wilhelm von Preußen in den durch den Dreißigjährigen Krieg menschenleeren Gebieten Hugenotten an, die den Tabakbau dort einführten. Bereits 1666 betrieben ebenfalls eingewanderte Hugenotten in Mannheim Schnupf- und Kautabakgeschäfte. Ab 1688 breitete sich der Tabakanbau in Deutschland durch Hugenotten von der Pfalz aus.

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Tabakernte früher

1699 gründeten Hugenotten, die zeitweise dort lebten, Friedrichstal. Sie brachten neben Tabaksamen auch das Wissen über den Anbau mit und bauten unmittelbar nach der Rodung des zugewiesenen Geländes als erste Tabak in der Markgrafschaft Baden- Durlach an. Diese selbstgezüchtete Tabaksorte nannten sie „Friedrichstaler“. Sie war als Kau- und Schnupftabak begehrt und wurde bis in die 1950er Jahre angebaut. Die Sorte „Geudertheimer“, wurde lediglich ausgesät, um Setzlinge an auswärtige Kunden zu verkaufen.

Bereits 1719 lieferte die Gemeinde Friedrichstal über 70 Zentner Rohtabak an die markgräfliche Tabakfabrik in Pforzheim. Karl Wilhelm von Baden-Durlach, der Gründer Karlsruhes, förderte den Tabakanbau. Nachdem das Priemen von Tabak zurückging, war für die Sorte „Friedrichstaler kein Markt mehr vorhanden. Als sich ein Anstieg des Zigarrenverbrauchs abzeichnete, bauten die Pflanzer die Sorte Havanna an, für Zigaretten gab es die leichteren wie Burley, Virgin und Stamm8.

Anbau und Produktion

Das Jahr des Tabakpflanzers begann im Frühjahr mit dem Keimen der Samen und dem Einpflanzen der Setzlinge auf dem Feld. Während des Wachstums wurde häufig der Boden gelockert und überflüssige Triebe „ausgegeizt“. Nach der schrittweisen Ernte fädelte man die Blätter auf und trocknete sie sorgsam auf Dachböden und in Trockenspeichern. Bei einer besonders gute Ernte musste- wie 1733- sogar der Kirchenspeicher mit Tabak behängt werden!

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Tabakernte früher

Die abgehängten und zu Büscheln gelegten „Bandeliere“ wurden in den Wintermonaten an zentralen Verwiegestellen zum Kauf angeboten, von Boniteuren begutachtet und vom Zoll kontrolliert. Friedrichstaler Rohtabakhandlungen und Fermentationsbetriebe (z.B. Hellmuth Barié, Borel und Co., Max Hornung und Wilhelm Hornung) sandten die Ware u. a. in die Schweiz, nach Spanien und sogar Amerika.

Einer der größten Anbaugemeinden

Friedrichstal war prozentual eine der größten Tabakanbaugemeinden in Deutschland. 1787 ergaben die Ernte ca. 24 Zentner, 1814 waren es 1600 und im Jahre 1893 sogar 5858 Zentner Tabak. So konnte 1807 z. B. 20000 Gulden Einnahmen erzielt werden.

Die Zigarrenfabrikation nahm um 1850 ihren Anfang- zahlreiche kleine Zigarrenmanufakturen entstanden so wie einige größere. Die Firma Lacroix hatte einen sehr guten Absatz und deren Zigarren erhielten in Bezug auf Brand und Aroma das Prädikat “Ausgezeichnet“.

Detailansicht - Der schmale Holzkoffer ist innen mit Samt ausgeschlagen und mit elf Zigarren-Schaupackungen der Firma de la Crox Cigarren aus Friedrichstal versehen. Innen ist der Deckel mit blauer Kunstseide bespannt und zeigt eine ovale Kartusche mit der Aufschrift "ORIGINAL DE LACROIX sprich: lakroa CIGARREN", darunter "de la Croix Cigarrenfabrik Friedrichstal Baden gegr. 1885". Mit Schaukoffern wie diesem priesen Vertreter der im badischen Friedrichstal ans‰ssigen Zigarrenfabrik De la Croix ihre Ware bei potentiellen K‰ufern im Einzelhandel und Gastgewerbe an. F¸r das badische Dorf Friedrichstal dokumentiert der Musterkoffer die Zeit der Tabakindustrie im 19. Jahrhundert, in der Baden neben Preuflen das grˆflte Tabakanbaugebiet Deutschlands darstellte. Die in der Markgrafschaft Baden-Durlach und dem Bistum Speyer aufgenommenen Hugenotten hatten hatten Tabaksamen und Kenntnisse ¸ber den Tabakanbau aus Frankreich und ihrem zeitweiligen Aufenthalt in der Pfalz mitgebracht und schufen damit die Voraussetzung f¸r die weitere Verbreitung des Anbaus in Deutschland. Eine von ihnen gez¸chtete Tabaksorte wurde nach der neuen Heimat "Friedrichstaler" genannt.
Zigarren der Firma Lacroix

Naturereignisse aber minderten immer wieder den Erfolg der Tabakpflanzer. 1749 vernichteten zahlreiche Heuschreckenschwärme fast alle Pflanzen auf den Feldern und drei Jahre später war es ein heftiger Hagelschlag. 1960 brach die Blauschimmelkrankheit aus, zerstörte den Großteil der Ernte und stellte die Bauern vor existentielle Probleme.

Auch ein weltweiter Preisverfall, erhöhte Steuern, Nichtrauchergesetze und der Wegfall von Subventionen führten zum Rückgang der Tabakproduktion. 1950 gab es im Ort 500 Pflanzer, 1961 nur noch wenige. Der letzte Tabakbauer beendete 2003 seine Tätigkeit.